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Termine und Vorträge

26. Ditzumer Kunsttage

In der heimeligen Dorfkirche wurde am 26. Oktober 2024 die Eröffnung der 26. Ditzumer Kunsttage gefeiert.
Den musikalischen Rahmen gestalteten Kantor Klaus Wedel (Orgel) und Carmen Weber (Querflöte). Ich durfte die Eröffnungsrede halten. Hier ist die Rede im Wortlaut:

"Moin zusammen! Vielen Dank für die Einladung!
Ich habe heute die besondere Ehre, die Ditzumer Kunsttage eröffnen zu dürfen. Höher geht’s eigentlich nicht mehr. Auf der Landkarte. Zumindest im Rheiderland. Höchstens noch in Pogum...Badewannenrennen!
Und dann darf ich noch in dieser wunderschönen Kirche zu Ihnen sprechen. Eigentlich ein grotesker Ort für die Eröffnung einer Kunstausstellung. Denn heißt es nicht schon in der Bibel: Du sollst Dir kein Bildnis machen?
Andererseits steht aber auch in der Schöpfungsgeschichte: „Da machte Gott der Herr den Menschen aus Erde vom Acker.“
Er ist damit wohl der erste urkundlich erwähnte Tonkünstler.

Liebe Gäste. Ich möchte Sie einladen.
Zu einer Reise in ein faszinierendes Land. Das Beste: Sie wird äußerst bequem verlaufen. Denn praktischerweise sind Sie bereits an Ihrem Ziel angekommen.
Sie haben also keine Verspätung. Ditzum hat ja auch keine Bahn-Verbindung...
Sie brauchen kein Gepäck – und vor allen Dingen: Sie brauchen keinen Pass und kein Visum. Denn diese Reise kennt keine Grenzen.
Und niemand wird Sie aufhalten und kontrollieren – auch nicht Frau Faeser!
Sie erleben heute und morgen hier in Ditzum eine grenzenlose Reise durch die Vielfalt der Kunst!
Dass sie stattfinden kann, ist nicht selbstverständlich. Denn, man konnte lesen: Diese Reise stand Anfang des Jahres beinahe vor der Absage. Jetzt aber ist die Reisegesellschaft größer als je zuvor: fast 40 Künstler an 18 Orten hier im Fischerdorf. Eine stolze Leistung!
Und sie war nur möglich, weil sich Kunstbegeisterte und Künstler zusammengetan haben – und von schier grenzenlosem Eifer erfüllt waren, diese Veranstaltung wieder auf die Beine zu bringen.
Und grenzenlos – das ist das Motto dieser Einführung.

Früher trug die schöne Zeitung, für die ich tätig bin, den Zusatz: „Grenzlandzeitung Rheiderland“. Da schwingt schon in der Formulierung mit, dass wir hier im Rheiderland sehr begrenzt sind – ich sage bewusst nicht: beschränkt!
Umgeben von Ems und Dollart und Tür und Tür mit den niederländischen Nachbarn mag das Rheiderland zwar überschaubar sein, hat aber eine erstaunliche Vielzahl an Kunst- und Kulturveranstaltungen – ganz besonders auch hier in der Gemeinde Jemgum.
Denn Ditzum ist keine Ausnahmeerscheinung.
Ich denke an die Kunstgezeiten in der Kunstscheune Gess in Jemgumgaste oder die Kunst & Klinker-Ausstellung in der Ziegelei Midlum. Allesamt Publikumsmagneten. Und alle haben sie ein gemeinsames Erfolgsrezept: Eine besondere kreative Vielfalt an ganz besonderen Orten bieten.
Sei es ein alter Gulfhof, eine alte Ziegelei oder, so wie hier in Ditzum, gleich ein ganzes Dorf, das im Zeichen der Kunst steht.
Und noch etwas haben alle diese Orte gemeinsam:
Wir finden dort nicht nur einheimische Künstlerinnen und Künstler, sondern auch viele niederländische und auswärtige Kreative, die ihre Werke zeigen.

Kunst hat damit schon lange vorher das geschafft, woran sich die Europäische Union und die ganze Weltengemeinschaft zum Teil heute noch die Zähne ausbeißt: Menschen grenzenlos zusammenzubringen und in einer Sache zu vereinen. In diesem Fall eine sehr schöne Sache. Das hat Vorbildcharakter, wie ich finde. Und es zeigt schon an diesem Beispiel: Kunst ist wahrhaft grenzenlos.
Sie ist oft die Brücke, die Menschen zusammenführt. Aber sie führt auch in ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Das Land der Fantasie. Das einzige Land, in dem grenzenlose Freiheit herrscht.
Ich habe die Freiheit, in die Welt der Kunst einzutauchen und ich habe die Freiheit, meine eigene Welt zu schaffen.
Der Künstler und Bildhauer Joseph Beuys sagte: "Jeder freie Mensch ist kreativ. Da Kreativität einen Künstler ausmacht, folgt: nur wer Künstler ist, ist Mensch. Jeder Mensch ist ein Künstler."

Jeder Mensch ist kreativ....
Diese Freiheit ist auch spürbar, wenn uns Grenzen gesetzt sind.
So wie erst vor einigen Jahren – während des Corona-Lockdowns.
Da bot die Kunst für manchen die tolle Möglichkeit, Freiheit zu genießen – auch wenn es Beschränkungen gab und man sie nicht gemeinsam genießen konnte.
Aber viele Menschen haben in dieser Zeit, ihre Kreativität entdeckt oder wiederentdeckt.
Ich persönlich habe in dieser Zeit ein anderes, neues Hobby entdeckt: Die Ahnenforschung.
Genauso wie Hape Kerkeling, der jüngst darüber ein Buch veröffentlicht hat.
Im Gegensatz zu Herrn Kerkeling habe ich leider keine königliche Verwandtschaft – aber durchaus interessante Menschen entdeckt.
So wie meinen Ur-Ur-Großvater Karl Marggraf.
Genau heute, am 26. Oktober 2024, ist sein 100. Todestag.
Er war eine sehr schillernde Persönlichkeit und vielseitig interessiert. So auch an der Kunst!
Aus seinem Nachlass ist ein Buch erhalten, dass er seiner Tochter – meiner Urgroßmutter – geschenkt hat:
„Deutsche Kunst in Wort und Farbe“
Es ist ein Standardwerk aus dem Jahr 1911, verfasst von dem renommierten Kunsthistoriker Richard Graul.
Dieser beklagt im Vorwort eine gewisse Ideen- und Stillosigkeit in der Kunst seines Landes.
Und etwas neidisch blickt er auf Paris und das Nachbarland Frankreich, wo – wie er sagt - eine „fortschrittliche Malerei den freien Geist einer neuen Zeit atmet“.
Graul hat damit etwas Entscheidendes festgestellt:

Künstler lieben und leben die Freiheit.
Sie verlassen diese Welt und erobern für sich neue Welten. Welten, die uns staunen lassen, die uns verzücken oder uns vielleicht auch mal fremd vorkommen und zu der wir persönlich auch mal keinen Zugang finden.
Künstler überschreiten regelmäßig Grenzen.
Aus Sicht mancher vielleicht auch mal die Grenzen des sogenannten guten Geschmacks.
Aber ist das nicht allemal besser als im kreativen Niemandsland zu verharren? Das ist das, was Richard Graul sich wünschte:
Kunst DARF und MUSS Grenzen überschreiten. Immer und immer wieder.
Sie lässt einen nie gleichgültig. Man kann sich an ihr reiben oder wärmen.
Sie kann erfreuen und trösten, kann uns träumen lassen oder die Augen öffne. Sie kann uns zum Lachen bringen, oder zu Tränen rühren.
Sie kann uns Mut machen, aber auch erschüttern und erschrecken.
Und sie tut das auf so vielfältige Weise: Seien es Bilder, Skulpturen oder auch Werke in Schrift, Ton und Film.

Kunst ist grenzenlos. Und auch ihre Mittel sind es scheinbar.
Von den ersten Höhlenmalereien bis hin zu digitalen Kunstwelten haben wir über Jahrtausende einen Wandel erlebt, der atemberaubend ist – und der immer noch anhält.
Heute haben wir Möglichkeiten, von denen frühere Künstlergenerationen nur träumen konnten.
Aber ob das alles besser ist als damals?
Manchmal habe Ich so meine Zweifel.
So las ich jetzt von einem Bild, das ein Roboter gemalt hat – mittels „Künstlicher Intelligenz“. Es soll für etwa 180.000 Euro versteigert werden...
Für mich persönlich ist das keine „Kunst“.
Denn „Kunst“, so finde ich, hat immer etwas mit Inspiration, Seele und auch Herzblut zu tun. Diese „Zutaten“ kann keine Maschine erschaffen.

Manche Künstler schaffen wie im Rausch. Vergessen alles um sich herum und gehen völlig auf in ihren Werken oder in ihrer Arbeit. Das ist oft ein sehr intimer, aber stets grenzenloser Prozess.
Vincent van Gogh zum Beispiel sagte einmal:„Nur dann fühle ich das Leben, wenn ich wie toll arbeite. Und in Gesellschaft würde ich dieses Bedürfnis etwas weniger empfinden. Aber auf mich allein gestellt, verlasse ich mich auf den Arbeitsrausch, der mich zuzeiten überkommt, und dann lasse ich mich gehen bis ins Grenzenlose."

Er hat etwas gespürt, was jeder von uns spüren kann und darf, wenn er will.
Die Freiheit der Kunst. Wir alle dürfen uns nahezu grenzenlos kreativ entfalten.
Das ist sogar gesetzlich im Grundrecht verankert.
Das ist ein Privileg, ein Geschenk. Ein Geschenk, das wir vielleicht oft als zu selbstverständlich hinnehmen.
Denn es gab Zeiten, da gab es diese Freiheit nicht.
In einer dunklen Epoche der deutschen Geschichte, wurden der Kunst Grenzen aufgezeigt. Künstler, Werke, ja, ganze Stilrichtungen wurden von den Nazis verboten und als „entartete Kunst“ bezeichnet. Das betraf nicht nur jüdische und ausländische Künstler, sondern auch Kunstströmungen wie den Expressionismus oder den Surrealismus.
Und auch andere Kunstformen wie die Musik und den Film.
Von diesem kulturellen Kahlschlag haben wir uns bis heute nicht wirklich erholt. Wer zurückschaut, sieht, das heute genau vor 100 Jahren eine Epoche in Deutschland begann, die eine kulturelle Hochphase einläutete. Die sogenannten „Goldenen Zwanziger“. Von einer wahren Explosion an Kunst und Kultur ist die Rede. Richard Graul hätte seine Freude daran gehabt! Es gab radikale künstlerische Experimente und Berlin avancierte in dieser Zeit zu einer Welt-Kulturmetropole, deren Einflüsse bis heute nachhallen.
Und was kommt heute aus Berlin? Gute Zeiten, schlechte Zeiten und Mario Barth...
Nichts gegen diesen Herren und diese Formate. Ich will damit nur deutlich machen:
Das Geschenk der Freiheit der Kunst kann uns jederzeit wieder weggenommen werden.
Wenn wir nicht aufpassen und wachsam sind, heute, hier und jetzt.

Denn in diesen Zeiten werden wieder Grenzen überschritten.
Ich meine die Grenzen des Anstands, des Miteinanders, des Respekts und der Toleranz.
Und was darauf folgt, ist oft grenzenloser Hass, der wiederum – das lehrt uns die Geschichte - zu grenzenloser Gewalt führen kann.

Wir erleben es überall in der Welt. Bei Kriegen und Konflikten wie in der Ukraine, in Israel, dem Libanon, Palästina, Syrien. Die Liste ist lang. Leider viel zu lang...und sie wird immer länger.

Kunst kann die Wunden dieser Welt nicht heilen. Aber sie kann ein wundervolles, wirksames Trostpflaster sein. Lassen wir uns doch an diesem Wochenende einmal so richtig verarzten!

Denn was könnte beglückender sein, sich gemeinsam an Kunst zu erfreuen. In die Welt der Kunst zu flüchten, die Seele baumeln zu lassen und die eigene Fantasie auf Reisen zu schicken. Grenzenlos.
Dafür ist Ditzum nun ein idealer Ort. Denn das Dorf hat nicht nur den Hafen, die Kutter, die Kirche, dem Glockenturm. Ditzum hat sogar einen Leuchtturm...
Die Ditzumer Kunsttage.
Möge er hell an diesem Wochenende strahlen! Und weit über die Grenzen Ditzums hinaus."

© 2024 Kai-Uwe Hanken

Kunstgezeiten 7 - Tanz

Am 1. Juni 2024 wurde zum siebten Mal die Ausstellung "Kunstgezeiten" in der Kunstscheune von Iris und Wolfgang Gess in Jemgumgaste eröffnet. Diesmal stand sie unter dem Motto "Tanz".
Es war eine zauberhafte Vernissage, bei der ich die Laudatio halten durfte. Nachfolgend die Rede im Wortlaut:

"Liebe Iris, lieber Wolfgang,
liebe Gäste und Kunstschaffende,

vielen Dank für die Einladung. Schon zum zweiten Mal habe ich heute die große Ehre, in die immer wieder besonderen Welten der Kunstgezeiten einführen zu dürfen.
Ich finde das sehr mutig - ausgerechnet einen Bewegungs-Legasthaniker wie mich buchstäblich zum „Tanz“ aufzufordern.
Denn meine eigenen Kenntnisse auf diesem Gebiet sind recht bescheiden, muss ich zugeben.
Dazu ein kleiner Ausflug in meine Jugendzeit:
Es war früher Tradition hier im Rheiderland und Landkreis Leer, dass Schülerinnen und Schüler ab einem gewissen Alter zu einer Probe-Tanzstunde geschickt wurden. In Bussen wurden sie regelrecht herangekarrt zu einer Tanzschule nach Leer.
Mein Schulfreund Thomas und ich wagten diesen Schritt auch. Es klang alles auch gut: Nette Mädels kennenlernen und ein bisschen Tanzen lernen. Tja.
Schon nach der ersten Stunde waren wir uns einig: Es hätte es schön werden können - wenn das „bisschen Tanzen lernen“ nicht gewesen wäre...
Sie kennen die TV-Sendung „Let´s Dance“?
Kurzum: meine tänzerischen Fähigkeiten auf dem Parkett sind so wackelig wie die Grammatik von Let´s Dance-Juror Jorge Gonzalez.
Wir haben uns ziemlich ungelenk angestellt damals. Und sind dann nie wieder da hingegangen.

Das Ganze fand übrigens statt im „Haus der Tanzkunst“ in Leer.
Und da haben wir sie schon, diese besondere Symbiose, um die es hier und heute auch in Jemgumgaste geht:. Tanz und Kunst.
Untrennbar miteinander verbunden – und doch nicht gleich.
Wie passt das zusammen?

Fest steht: Beides hat einen ähnlichen Ursprung, der weit in die Anfangszeit der Menschheit zurückreicht.
Und ohne die Kunst wüssten wir gar nicht, seit es wann den Tanz gibt.
Höhlenmalereien in Indien, die bis zu 5000 Jahre alt sind, zeigten erstmals tanzende Menschen.

Tanz und Kunst - Beides ist also eine Form von Ausdruck.
Auch die Wurzeln dieser beiden Formen sind ähnlich.
Sie hatten früher beide etwas Rituelles.

Mit der Höhlenmalerei haben unsere Vorfahren oft Jagdszenen festgehalten und so versucht, damit den Ausgang einer bevorstehenden Jagd zu beeinflussen. Oder man hat mit dem Malen von bösen Wesen und Dämonen versucht, sie zu bannen.

Tänze waren ursprünglich ebenfalls Rituale, mit denen Volksstämme sich beispielsweise auf kriegerische Konflikte eingestimmt haben. Mit einem kollektiven Schreien und Stampfen etwa.
Kann man heute noch beim Wacken-Festival erleben. Wenn headbangende Horden im Kreis herumrennen....
Ein weiteres Beispiel für den rituellen Ursprung: Tänze sollten früher der Fruchtbarkeit im wahrsten Sinne des Wortes auf die Sprünge helfen.
Kann man heute auch noch erleben: Beim eng umschlungenen Discofox auf dem Schützenfest – um drei Uhr morgens. Mit drei Promille...

Heute sind Tanz und Kunst zu allererst ein Ausdruck von Emotionen. Oft von Harmonie. Von Lebensfreude und Gefühlen.

Ja, Tanz ist ein Spiegel der Emotionen. Und dieser Spiegel ist reich an Facetten:
Egal, ob exotisch, klassisch oder auch mal Freestyle und "Dirty Dancing"...
Die Erotik eines Tangos.
Die Eleganz eines Ballets, die wir ja gleich noch bestaunen dürfen.
Die Lebensfreude einer Polka.
All das ist Ausdruck von Gefühl. Von Loslassen, sich Hingeben, oder Gemeinschaft erfahren.

Kunst ist die Mutter des Tanzes, und die Musik ist seine Schwester.
Trotz der Familienähnlichkeit gibt es einen markanten Unterschied:
Anders als die Kunst, die uns ja in Form von Bildern oder Skulpturen stets erhalten bleibt, ist der Tanz vergänglich. Er hat einen Anfang und ein Ende. Und auch wenn er oft einer festgelegten Abfolge unterliegt, ist er jedesmal anders.
Je nach Qualität, Ausdauer und Können der Tänzer, kann der Tanz dann aber zu einer echten Kunst werden.

Aber manchmal wird die Kunst eben auch zum Tanz.
Das können wir ab heute hier bei den „Kunstgezeiten“ erleben.

Denn die 19 Künstlerinnen und Künstler, deren Werke wir hier sehen können, haben sich mit dem Thema befasst.
Es ist ein vielfältiger Tanz der Stile, der Sie hier erwartet.
Mit Fotografien von Susanne Altweger und Dietmar Braun.
Mit Keramik von Annette Blumenhofer,
Mit Skulpturen und Gebilden von Catharina Bockhacker, Michaela Gottschalk, Valia Lemcovici und Birgit Rutenberg
Mit Bildern, Grafiken, Airbrush und Zeichnungen von Ingrid Constance, Maria Hartenstein, Burghard Hiller, Roland Kuck, Ruth Kühn-Löwe, Wolfgang Kühn, Anne Rose, Nicola Rübenberg, Traute Schmaljohann, Gert Sudbrack und Martina Wempe.
Einige der Künstler tanzen auf mehreren Hochzeiten. So wie Rosi Vogel, die zu ihren Bilder QR-Codes anbietet, die zu Fotos, Videos, Gedichten und Geschichten führen.

Alle Kunstschaffenden hier haben Ausdauer und auch Können bewiesen. Wie erfahrene Tänzer.
Sie haben sich mutig eingelassen auf einen Tanz mit unbekannter Schrittfolge.
Sie haben ihre Werke Schritt für Schritt umgesetzt.
Manchmal sind sie auch aus der Reihe getanzt mit ihren Ideen, haben eingetretene Pfade verlassen und sich auf ein fremdes Parkett begeben.
Ihre Werke folgen stets einer eigenen, kreativen Choreographie.
Wie Sie aber alle wissen: Zum Tanz gehören aber immer mindestens zwei. Jemand, der führt, und jemand, der sich führen lässt.
Die hier ausstellenden Künstlerinnen und Künstler führen und entführen Sie, liebe Gäste, in ihre kreative Welt.
Bei einem Tänzer, der gut führt, bemerkt man dieses Führen eigentlich gar nicht und man wird doch unweigerlich - mitgenommen. Wahrhaft Bewegt. Und berührt.
Ein Erlebnis, das Sie sicherlich auch genießen. Wenn Sie sich dem Tanz hingeben.

Der britische Dramatiker John Dryden sagte: „Tanz ist die Poesie der Füße“.
Und aus Finnland kommt der schöne Satz:
„Tanzen ist träumen mit den Beinen“.
Also ist es gar nichts Schlimmes, wenn man mal eingeschlafene Füße hat.....

Meine Damen und Herren: Tanz ist nicht nur ein Spiegelbild unseres Innenlebens, unser Seele, sondern der ganzen Welt – denn selbst die Welt dreht sich ja immerzu – wie im Tanz. Und wir mit ihr.

Doch leider sehen wir in unserer Welt immer mehr einen „Tanz der Teufel“ und erleben einen „Tanz auf dem Vulkan“,
Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Soldaten marschieren, Kriege erwecken den Totentanz Machthungrige Staatenlenker und skrupellose Politiker tanzen der ganzen Welt auf der Nase herum – und andere „trumpeln“ uns auf den Nerven herum...
Hinzu kommen Armut und Not. Viele Menschen können nicht mehr Schritt halten in und mit dieser Welt. Sie geraten aus dem Takt und ins Schleudern. Sie verlieren den Boden unter den Füßen.

Doch vielleicht kann uns der Tanz das lehren, was wir als Gesellschaft gerade in diesen Zeiten so bitter nötig haben:
Aufeinander zuzugehen. Sich die Hände reichen. Den ersten Schritt machen. Und sich gemeinsam bewegen.

Ich finde, das ist eine wunderschöne Vision: Die Welt tanzt.

Schon Nietzsche hat gesagt: „Man muss das Leben tanzen„
Folgen wir doch seinem Beispiel!
Ab heute ist die Kunstscheune unser Tanztempel!
In diesem Sinne: Darf ich bitten?

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!"

Kai-Uwe Hanken (c) 2024

Gemeinde-Schätze mit Augen und Ohren erfahren

Das "Kiek an!"-Projekt ist auf dem Weg gebracht.
Rund vier Jahre, nachdem die Idee geboren worden ist, wurde die neue Multimedia-Radroute durch die Gemeinde Jemgum am 27. April 2024 feierlich eingeweiht. An 14 Orten in der Kommune informieren Stelen über Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten. Darunter sind Perlen wie der römische Marktplatz in Bentumersiel, die Bültjer-Schiffwerft in Ditzum oder Themen wie Deichbau, Vogelschutz und Wattflitzer. Auch das "Sielhus" im Ortskern von Jemgum, wo die Routen-Premiere nun stattfand, ist auf einer Stele verewigt.
Das Besondere an dem Projekt: Die Radwanderer erfahren nicht nur auf den Info-Säulen Wissenswertes, über einen QR-Code können sie sich einen Audio-Guide aufs Handy holen und sich Informationen auch vorlesen lassen. Gleich vier Sprachen (Deutsch, Niederländisch, Plattdeutsch, Englisch) machen das Ganze zu einer akustischen Reise durch Raum und Zeit.
Im Studio von Harry de Winter (Wymeer) habe ich diese Texte eingesprochen, die ich größtenteils auch selbst recherchiert und verfasst habe. Ein tolles Projekt, bei dem ich selbst als "Eingeborener" viel Neues über meine Heimat gelernt habe.
Vielen Dank die Gemeinde Jemgum und den Verkehrsverein Ems-Dollart für das Vertrauen!

Premiere für EhrenWert-Reihe

Im feierlichen Rahmen fand am 21. Februar 2024 in Jemgum die Präsentation der Biographie „Paul Zimmer – Ein Urgestein der Zieglerzeit“ statt.
Es ist der erste Band aus der Reihe "EhrenWert" - ein Projekt, das ich für die Stabstelle Ehrenamt des Landkreis Leer verwirklichen durfte.
Das Büchlein erzählt zum einem die bewegte Lebensgeschichte von Altziegler Paul Zimmer (Jahrgang 1935). Zum anderen wird seine Arbeit auf der Ziegelei Cramer beleuchtet und auch sein rastloser Einsatz für den Ziegeleiverein Jemgum, den er vor über 25 Jahren mit aus der Taufe hob.

Hohe Gäste hatten sich zur Premiere im Vereinsheim des SV „Ems“ Jemgum eingefunden. So würdigten Landrat Matthias Groote, Bürgermeister Hans-Peter Heikens und Michael Decker, Vorstandsvertreter der Sparkasse LeerWittmund, in ihren Ansprachen, die Arbeits- und Lebensleistung von Paul Zimmer. Musikalisch untermalt wurde die Präsentation von Igmor Kuzmin am Akkordeon.
Mit Unterstützung der Sparkasse LeerWittmund konnte das Buch-Projekt realisiert werden. Das Büchlein ist künftig bei Veranstaltungen des Ziegeleivereins Jemgum gegen eine Spende erhältlich, oder kann über den Landkreis Leer (ISBN 978-3-00-078038-7) geordert werden.

Mit der neuen Buchreihe "EhrenWert" soll das Wirken von besonderen ehrenamtlichen Kräften gewürdigt werden und ihr reicher Wissens- und Erfahrungsschatz erhalten werden.

Es war für mich ein sehr erfüllendes Projekt. Ich danke Paul für sein Vertrauen und seine Offenheit und seiner lieben Frau Käthe für ihre liebe Gastfreundschaft.
Ich freue mich auf die kommenden Begegnungen!

Kundgebung gegen Rechtsextremismus in Weener

Das Rheiderland hat am Samstag, 10. Februar 2024, ein starkes Zeichen für Toleranz und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus gesetzt. Um die 700 Menschen kamen auf den Vogelsang-Platz in Weener, um zu demonstrieren. Die Kundgebung war vom "Bündnis für Demokratie" initiiert worden, dem über 60 Vereine, Gruppen, Organisationen und Institutionen angehören. Ich durfte die Veranstaltung moderieren - es war mir eine große Ehre. Nachfolgend einige Worte aus meiner Ansprache:

"Moin, Rheiderland! Herzlich Willkommen auf dem Vogelsang-Platz in Weener!
Herzlich Willkommen zu unserem Bündnis für Demokratie im Rheiderland!
Mein Name ist Kai-Uwe Hanken. Ich bin von den Veranstaltern eingeladen und gebeten worden, diese Kundgebung zu moderieren. Ich bin heute hier als Angestellter des Verlages Risius in Weener. Aber ich bin aber vor allem hier - als Rheiderländer!
Und da muss ich sagen: Heute bin bannig stolz ein Rheiderländer sein! Was für ein Anblick!
Wir werden gleich einige Rednerinnen und Redner hören, die noch einmal sagen, warum es so wichtig ist, hier, heute und jetzt Flagge zu zeigen. Und auch morgen! Denn seid gewiss: Das hier ist nur ein Anfang. Das hier kann und soll nur ein erster Schritt sein sein. Der Weg wird lang sein. Aber das Rheiderland hat oft gezeigt: wir haben Ausdauer. Wir warten schließlich fast zehn Jahre auf eine neue Friesenbrücke.
Liebe Leute. Sage und schreibe über 60 Akteure, Vereine, Gruppen und Institutionen haben sich dem Bündnis für Demokratie im Rheiderland angeschlossen. Dahinter stehen Tausende von Mitgliedern und Beschäftigte.
Und sie alle sagen mit einer Stimme: Mit uns nicht! Wir lassen uns unsere Demokratie nicht kaputt machen! Hier und jetzt wird der Schlussstrich gezogen. Wir schweigen nicht. Wir stehen auf. Wir stehen zusammen. Für unser Recht auf Freiheit, auf Meinung. Für Toleranz und Vielfalt. Und gegen Rechtsextremismus! Denn bruun Soppe mögen wi neet!
(...) Das ist eine starke Allianz für Demokratie. Das ist eine Allianz auch der Zuversicht und Hoffnung!
(...)
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Von Herzen Dank für Euer Kommen und Eure breite Unterstützung.
Das macht Mut für die Zukunft! Ihr habt den ersten Schritt gemacht. Nun ist es Zeit für die nächsten. Oder wie die Widerstandskämpferin Sophie Scholl einmal sagte:
„Man darf nicht nur dagegen sein, man muss etwas tun.“
Das Bündnis für Demokratie im Rheiderland soll dafür eine Heimat werden. Und dafür werden Menschen aus Eurer Mitte gesucht, die sich anschließen möchten.
Ich sprach vorhin von unseren leidvollen Erfahrungen als Rheiderländer mit der Friesenbrücke. Lasst uns zusammen eine Brücke über die Kluft in der Gesellschaft bauen.
Bleibt mutig, bleibt wahrhaftig, bleibt kritisch und bleibt zuversichtlich.
Für unsere Demokratie."

Fotos: Eigene und Heiko Abbas

Buchvorstellung EhrenWert

Am 21. Februar 2024 findet in Jemgum die Präsentation meines neuen Buches "Paul Zimmer - Ein Urgestein der Zieglerzeit" statt. Es ist der erste Band der neuen Reihe "EhrenWert", in der Persönlichkeiten vorgestellt werden, die eine interessante Lebensgeschichte haben und die sich in besonderer Weise um das Ehrenamt verdient machen. Die Buchreihe ist ein Projekt der Ehrenamtsstelle des Landkreis Leer.
Paul Zimmer hat bis zum Ende der Ziegelei Cramer in Midlum dort gearbeitet und ist bis heute mit Leib und Seele dabei, das 1998 begründete Ziegeleimuseum mit Leben zu füllen. Dabei kann der Ziegeleiverein Jemgum auf seinen reichen Erfahrungs- und Wissensschatz zurückgreifen, den er bei Führungen immer wieder auch mit Besuchern des Museums teilt.

Foto: A. Olthoff

Ziegelei-Vortrag bei "Open Dören"

Auf Einladung der Mittwochsgruppe des Vereins "Open Dören" halte ich am 10. Januar 2024 erneut den Vortrag über das Ziegeleiwesen im Rheiderland und über das Ziegeleimuseum Midlum. Die Veranstaltung beginnt um 19.30 Uhr im "Haus der Begegnung" in Bunde. Gäste sind herzlich willkommen.

Ortssippenbuch Kirchborgum neu erschienen

Nachschlag(en) für Ahnenforscher: Am 7. Oktober 2023 wurde im „Hafen55“ in Weener das überarbeitete Ortssippenbuch von Kirchborgum vorgestellt. Zahlreiche Mitglieder und Interessierte waren zu der Präsentation gekommen.
Ich durfte im Rahmen des Vormittags einen Vortrag über das Ziegeleiwesen im Rheiderland und das Ziegeleimuseum in Midlum halten. Hintergrund: Ziegeleien spielen auch in der Ortsgeschichte von Kirchborgum eine bedeutende Rolle. Die Ziegelei Boekhoff bestand hier am längsten und war zugleich die größte in dem Emsdorf. Sie verfügte unter anderem über ein Ofenhaus mit Ringofen, Pressenhaus, Dampfmaschinen- und Kesselhaus und einen 200 Meter langen Schuppen, genannt „Langer Jammer“. Die Anbindung des Werkes an den damaligen Ems-Hafen war ideal für die Anlieferung von Brennmaterial (Torf) und den Transport der Klinker. Gegen Kriegsende wurde die Ziegelei durch alliierten Beschuss zerstört und nicht wieder aufgebaut.
Doch nun ein paar Worte zum besagten Ortssippenbuch: Das Ur-Werk wurde 1985 von dem umtriebigen Heimat- und Familienforscher Wilhelm Lange recherchiert und verfasst, der auch Gast bei der Präsentation in Weener war. Das ursprüngliche Ortssippenbuch umfasste den Zeitraum 1724-1900 und listete im Kern 1164 ehemalige Einwohner und deren Familien auf. Grundlage für die Daten sind die Kirchenbürger der Gemeinde im Ort.
Verfasser des Nachfolge-Bandes ist Heinrich Ohling, selbst Vorstandsmitglied der Upstalsboom-Gesellschaft. Er konnte den Datenbestand noch einmal erheblich erweitern – dank auslaufender Datenschutz-Beschränkungen. Das neue Buch reicht nun bis zum Jahr 1930 und umfasst im Hauptteil 2331 Namen.
Doch das Ortsfamilienbuch ist mehr als nur eine bloße Namens-Auflistung. Der Band enthält einen informativen Teil zur Geschichte der Ortschaft (Autor: Aeilt Risius) sowie weitere Datensätze, die wertvolles „Futter“ für Genealogen und Heimatforscher bieten. Dazu gehören unter anderem alte Adressbücher, Zeitungsanzeigen sowie Auszüge aus dem Grund- und Hypothekenbuch. Dankenswerterweise wurden dabei auch die redaktionellen Inhalte der Erstveröffentlichung von Wilhelm Lange übernommen.
Das Buch ist in einer Auflage von 100 Exemplaren erschienen und kann über die Upstalsboom-Gesellschaft auf deren Internetseite bestellt werden.

Fotos: Kai-Uwe Hanken/Upstalsboom-Gesellschaft/Heinrich Ohling.

Vortrag bei Buchpräsentation

Die Upstalsboom-Gesellschaft veröffentlicht im Herbst eine Neuauflage des Ortssippenbuchs von Kirchborgum. Die Präsentation erfolgt am Samstag, 7. Oktober, ab 10 Uhr im "Hafen55" in Weener.
Da die Geschichte Kirchborgums auch eng verbunden ist mit dem Ziegeleiwesen werde ich im Rahmen der Vorstellung einen Vortrag halten über die Ziegeleien im Rheiderland und das Ziegeleimuseum Midlum.


Sagen und Mythen vom Dollart

Das Dollartmuseum in Bunde feiert am 11. Juni 2023 seinen 25. Geburtstag mit einem bunten Programm, das um 11 Uhr beginnt. Dazu bin ich eingeladen worden, um etwas über die Sagen und Mythen zu den Sturmfluten und untergegangenen Orten im Dollart zu erzählen.
Wer dabei sein möchte: Mein Vortrag beginnt um 16 Uhr, dauert etwa 45 Minuten - und der Eintritt ist kostenfrei.

Vortrag "Hol over, Hanken"

Im Heimatmuseum Rheiderland in Weener halte ich am Montag, 6. Februar, 2023 einen Vortrag über die Geschichte der Ems-Fähre Hilkenborg - aus Familiensicht. Ab 19.30 Uhr geht es los. Ich würde mich über ein zahlreiches Erscheinen freuen.
Die Fährverbindung über die Ems wurde vor fast genau 50 Jahren - im Dezember 1972 - eingestellt. Über drei Generationen hat die Familie Hanken die Pünte und das dazugehörige Fährhaus betrieben.

Kunstgezeiten - Fantastische Welten

Laudatio zur Ausstellung "Kunstgezeiten 5 - Fantas
Laudatio zur Ausstellung "Kunstgezeiten 5 - Fantas Foto: Birgit Rutenberg

Am 21. Mai 2022 durfte ich in der Kunstscheune von Iris und Wolfgang Gess in Jemgumgaste die Laudatio für die Ausstellung "Kunstgezeiten 5 - Fantastische Welten" halten. Eine besondere Ehre, über die ich mich sehr gefreut habe.
Hier meine Rede im Wortlaut:


Liebe Iris, lieber Wolfgang. liebe Kreative und Kunstschaffende,

Sternzeit 18-0-0
Jemgumgaste.... fantastische Welten...
Wir schreiben das Jahr 2022. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Kunstgezeiten, das mit seiner kreativen Besatzung für zwei Wochen unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen.
Welten, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat....

Und schon sind wir mittendrin – in den fantastischen Welten. Ja, auch wenn ich nicht Captain Kirk bin: Es hat schon was von „Raumschiff Enterprise“. Hier im schönen Gulfhof ist ab heute die Startrampe in „Fantastische Welten“. So heißt die neue Ausstellung der Kunstgezeiten.
Unsere eigene Welt ist dagegen leider momentan so gar nicht fantastisch.
Auch wenn wir heute recht ungezwungen hier zusammenkommen können: Die Gefahr durch Corona ist noch nicht gebannt. Im Gegenteil: Auch im Landkreis Leer sterben Woche für Woche Menschen an und mit dem Virus.

Der Klimawandel hängt wie ein Damoklesschwert über uns. Die Zeit läuft uns davon, das Ruder umzureißen.
In der Ukraine tobt ein Krieg und dort gibt es Grausamkeiten, die unsere Fantasie übersteigen.
Das Paradoxe ist: Gerade die Fantasie ist es, die der Schlüssel für Lösungen zu all unseren Problemen und Krisen sein kann. Wenn wir sie denn richtig nutzen.

Ich möchte Sie mitnehmen – auf einen kleinen Exkurs in die Fantasie.
Sie begegnet uns überall. Bei der Arbeit, zu Hause. Unterwegs.
Ja, unterwegs. Ich meine, es gehört schon sehr viel Fantasie dazu, gleich vier Baustellen auf einmal im Landkreis Leer einzurichten. Man sieht: Fantastie hat auch was mit Chaos und Humor zu tun...

Fantasie hat Menschen beflügelt und die Menschheit dazu gebracht, neue Wege zu beschreiten. Im Denken und im Handeln.

Wie sähe die Welt heute ohne einen Leonardo da Vinci aus?
Nicht nur wären wir um ein berühmtes Lächeln ärmer. Nein, das Universalgenie aus Florenz war nicht nur begnadeter Maler, sondern hat auch fantastische Flugmaschinen entworfen. 500 Jahre bevor erste Flugzeuge sich in die Lüfte erhoben.

Wo wären heute ohne die Fantasie eines Galileo Galilei?
Der Philosoph, Astronom, Mathematiker hat nicht nachgelassen zu beweisen, dass die Erde eben nicht der Mittelpunkt der Welt ist – sondern sich wie andere Planeten um die Sonne dreht. Für diesen fantastischen Gedanken wäre Galilei beinahe wegen Ketzerei zum Tode verurteilt worden.

Wo wären wir heute ohne die Fantasie eines Jules Vernes?
Der fantastische Schriftsteller hat Menschen bereits zum Mond reisen lassen, lange bevor das 1969 mit Neil Armstrong und Edwin Aldrin Wirklichkeit wurde.
Wie arm wäre unsere Welt ohne die Fantasie einer Frida Kahlo, einer Coco Chanel, einer Käthe Kollwitz oder einer Astrid Lindgren?
All diese Menschen haben mit ihrer Fantasie unsere eigene Fantasie beflügelt.

Denn: Fantasie lebt von Inspiriation. Und diese Inspiration kann durch Kunst, aber auch einfach aus unserer Umwelt und Umgebung kommen. Der Urzeitmensch, der irgendwann registrierte, dass runde Äpfel den Hang hinabrollten – und der sich dran machte, das Rad zu schaffen.
Oder der gesehen hat, wie ein Blitz einen Busch in Brand setzte – und der nicht eher ruhte, bis er selbst das Feuer entfachte.

Geistesblitze und der zündende Funke – das sind „Zutaten“ der Fantasie. Auch in der Kunst: es ist oft diese eine zündende, spontane Idee, die aus einem einfachen Handwerk ein Kunstwerk macht.

Jeder Künstler hat dafür ein anderes Werkzeug – oder besser Fahrzeug – um in SEINE phantastischen Welten zu gelangen.
Die Ausstellung, die hier heute eröffnet wird, zeigt das auf ganz beeindruckende Weise: 16 Künstlerinnen und Künstler stellen hier ihre Werke aus – und die Vielfalt ist wahrhaft fantastisch.

Ob mit dem Pinsel, Werkzeugen oder einfach mit den Händen, ob mit Holz, Ton, Metall, Keramik, mit Farbe oder Film – hier hat jeder von Ihnen ganz eigene Welt erschaffen. Eine Wunderkammer ist darunter, ein Zauberwald...Fantastische Landschaften in Bildern, fantastische Formen und Gebilde in Skulpturen.

Dann gibt es auch Künstler, die mit Klängen unsere Fantasie beflügeln. So wie heute Bernd-Johann Behrends und am kommenden Sonntag die Pianistin und Sängerin Anja von Höveling.

Und dann sind da noch die Wortkünstler – zu denen ich mich auch mal ganz bescheiden zählen darf...
Für den Schreiber sind Worte das Tor zu phantastischen Welten. Worte, gemacht aus immer 26 Buchstaben. Glauben sie mir, denn ich bin Redakteur und habe täglich damit zu tun. Kurios, aber wahr: Es sind tatsächlichen immer dieselben Buchstaben. Man muss sie nur richtig zusammenfügen, dann kann daraus etwas Phantastisches entstehen.

Dazu ein kleines Gleichnis:
Ein Holzkünstler entdeckt einmal einen großen Baumstamm, der abgeholzt und tot im Wald liegt. Er lässt ihn in seine Werkstatt bringen und dort arbeitet er viele Wochen und Monate.
Als er fertig ist, kommen die Menschen herbei und sie sehen, dass aus dem Stamm die wundervolle Skulptur einer Frau von perfekter Anmut und Schönheit geworden ist.
Und die Menschen sind sprachlos und sie fragen den Künstler, wie er diese Figur nur geschaffen hat.
Und da sagt der Künstler: Die Figur war immer da. Ich habe nur den Rest weggeschnitzt...

Was dieses Gleichnis sagen will: Mit viel handwerklichem Geschick können wir auch aus einem toten Stück Holz etwas Wundervolles schaffen. Aber dazu braucht es die Fantasie, dieses Wundervolle zu sehen – noch bevor es entstanden ist.

Es gibt fantastische Welten, die wir uns selbst schaffen – oder Welten, die es bereits gibt. Erschaffen von anderen Künstlern. Sei es ein gutes Buch, ein schönes Bild, eine wunderbare Melodie.
All dies sind Zufluchten, Traumwelten, manchmal Wohlfühl- und auch Sehnsuchtsorte, in die wir aufbrechen, wenn wir aus dem Alltag ausbrechen wollen. Hier im Reich der Fantasie sind wir geborgen und geschützt, aber auch kühn und mutig. Und wir entscheiden, wie weit wir uns von Fantasie mitnehmen lassen. Und auch, was wir von ihr mitnehmen in unseren Alltag.
Manche – so hörte ich zumindest – tauchen gerne ab und an in finstere Welten ein. Schaurige Geschichten, Gruselfilme, düstere Visionen in Bildern.
Das „Schöne“ an diesen grauenvollen Welten ist: Wir dürfen sie jederzeit wieder verlassen und uns anschließend vielleicht darüber freuen, dass wir es besser haben und unsere persönliche Welt sicherer ist.

Menschen in anderen Ländern – nicht nur in der Ukraine – haben diese Möglichkeit nicht. Sie sind gefangen in einer Welt des Grauens.

Ich komme am Ende noch einmal auf den berühmten Fantasten Jules Verne zurück. Der sagte einst:
Alles, was ein Mensch sich vorstellen kann, werden andere Menschen verwirklichen.

Wäre es nicht schön, wenn wir uns auch den Frieden ganz fest vorstellen?

Lassen wir uns ab heute also entführen in – fantastische Welten.
Tauchen wir in sie ein und lassen wir uns von ihnen inspirieren.
Vielleicht ja sogar dazu, einen Weg, eine Idee zu finden, diese Welt ein kleines bisschen besser zu machen.
Das wäre in der Tat fantastisch.

Ich wünsche allen „gute Reise!“

Kai-Uwe Hanken (c) 2022

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