Schneller Weg zum Ziel - Foto-Analyse

Wie ein Gesicht eine Geschichte bekam

Ahnenforschung ist ein Puzzlespiel, das oft langen Atem braucht. Aber es gibt auch manchmal schnelle Erfolge!
Vor einigen Tagen bekam ich einige alte Familienfotos und Dokumente. Allerdings waren nur die wenigsten beschriftet und die Namen in einigen Schriftstücken gaben Rätsel auf. Das ist natürlich frustrierend und erschwert die Einordnung und Recherche enorm.
Ein alter Einzahlungsbeleg aus den 1950er Jahren weckte mein besonderes Interesse. Dabei handelte es sich um die Zahlung an eine Verwandte, die sich zu der Zeit in einer Oldenburger Seniorenresidenz befand. Vom Namen war sie ein Mitglied der Familie von Manteuffel, zu der auch meine Ur-Ur-Großmutter mütterlicherseits gehörte. Aber wer war sie genau?

In dem Stapel an alten Bildern tauchte dann ein Bild auf, das eine ältere Dame zeigte. Auf der Rückseite war ihr Geburtsdatum vermerkt sowie der Hinweis, dass sie im März 1945 aus Kolberg (heute Kołobrzeg in Polen) geflüchtet sei. Kolberg, so erbrachte eine schnelle Internet-Recherche, war zu dem Zeitpunkt von anrückenden russischen Truppen eingekesselt worden und wurde von einer letzten Bastion deutscher Soldaten verteidigt. Der Hafenort war für viele Deutsche in den Gebieten der letzte Brückenkopf für eine Flucht in den Westen. Darunter muss auch die Dame auf dem Bild gewesen sein. Das Geburtsdatum auf dem Bild (Jahrgang 1879) habe ich mit mit dem umfangreichen Ahnenwerk über die Familie von Manteuffel abgeglichen, das der Genealoge Georg Schmidt Anfang des 20. Jahrhunderts verfasst hat. Volltreffer! Es war demnach die jüngere Schwester meiner Ur-Ur-Großmutter. Eine weitere Suche in alten Adressbüchern von Oldenburg erbrachte einen weiteren Durchbruch: Sie war hier tatsächlich aufgeführt. Und die angegebene Adresse war die der eingangs erwähnten Seniorenresidenz!

Somit schloss sich der Kreis und das bislang namenlose Gesicht auf dem Bild bekam eine Geschichte.

20/10/2023